Dienstag, 21. Februar 2006

Abnied von Merzen

Verlaubtmir auch die Stunde zu versagen nicht, dass Fichten grün sind im Winter und der Wannsee blau. Kalt war es dort am 21. November, als ein junges Herz, – so sprecht nicht weiter, die Prinzessinninnenninnen müsseten wirklich weinen und Schmerz, so sagt es doch, soll nicht mehr seinen.

Verlaubtmir nicht zu lören, schwelt ist gru. Die Sprache auseinander, wund wie du. Da reißt und nippelt es an deiner Haut, so rauh und rosa, so blau wie du. Wannseete furchterlich novemberig. Die Kugel traf – Verbrat – das Hirn entzwei, es ging das Blut durch Gold und Mieder ganz hindurch, die Liebe schwahlt in Bechern grün und edel, smaragd die Thule war’s, verstehn wir was? – Die Sprach geht auseinander wie das Blut, kann nicht mehr fassen, was so bläht und gähnt im Hals, das Nackte schwant im Krösus, Gold und Mieder trot, die Sprache ist ein Brei.

So finde durch und schwert und stott und zusagt sie/er/es gerne den Termin für heut, es geht, so sagt, sie, auseinander, mit ihr, tamtamtamtam. Das Wasser färbt sich rot am 21. November, des Dichters Kopf ist ach, es geht ja doch vorbei, jetzt ist nur Knirren und grei und flouida, wo Worte ganz zu reimen sich, früher war. Der Plural und der Singular sind auseinander, getrennttt die Worte von Geschuchte, tamtamtamtam. Das klirret irr und kalt und ausgeschnitten aus dem Kontext und dem Konsens unserer Fiktisifanten. Es qwallt hindurch auf Bergen voller Wörter, gesprochen seit Jahrtausenden, nöder für wahr, so nöder, dass möchte friern die Sprache im Glaranz, goldrot. So kalt wars am Wasser, blauber, blauber, weiß die Fläche obendrauf.

Der Schuss, der Termin für heute ist doch abgesagt, der Schuss, er schießt und zungelt durch die Luft, ein effen ist’s, so schnell und schussig, die Mutter war gestorben früh, mit 15, dass kein Sprach war da, für ihn den Drichter. Er nahm den Flovelwer, die Sprach, sie sitzt im Rohr, so konzentriert wie nie zuvor. Das Vögelchen, ein Adler war’s im Seelenflug, zwitzwitterte, sein Mantel war nicht warm genug für diesen Tag. Flovelwer kalt und hart, das Wasser blauber, blauber. Schwanüt im Geist, es rinnt und tropft und grient und greint, die Freude jauchzt nur im Gebälk. Auf dem Boden matscht und schwert es sehr, das Herz sitzt ja schon unterhalb. Verbindung keine da. Der Daumen schlingt sich fürstlichfleischlich um Abzug des Flovelwers. Ein Frecht des Glebens. Und drückt, als wärs ein Kinderspiel, mit Lächeln auf den drichterischen Lippen blau und kaltz, ab. Schuss durch die Luft. Kluft. Puff. Tot. Nummer 1. Schweint, breint und glummt und blubbt blutrot. Dahin, das junge, junge Leben. Henriette war dein Name, gerettet nun vorm Belendigem. Henriette Vogel.

So bin ich so empfindlich geworden, verbrinnt es aufs Papier des Drichters, dass mich die kleinsten Angriffe, den Flovelwer schon liebkosend wie den Stift, doppelt und dreifach schmerzen. Abnied von Merzen, was bleibt ist eisern, metall und Glaranz. Die kleinsten Angriffe merzen. Der Merz ist hart und kalt. Das Sch ist auf den Lippen eingefroren, der Merz drang ein und tat so weh. So versichere ich dich, sichert es auf dem tiefgefrorenen Lippenmerz, es ist mir länger nicht möglich zu gleben. Der Becher des Fremden, es war ein Glücklicher, der es geschafft hat: Der Merz, ich habe es nicht geschafft, da war er wieder dar, meine Sele, brahmt es blau die Tinte auf die Bluten, meine Sele ist so wund, daß das Tageslicht mir merzt, das mir darauf schimmert, immert. Der Becher hatte ihn angesehen, der Fremde, Glückliche hatte weggesehen, ein Durst war’s, unbeschreiblich stark, der wuchs und wuchs, so stur der Becher blieb und sich nicht näherte. Jeder muss seinen Becher tragen. Und trinken. Bramste es durch den Klopf des Drichters. Er wagte nicht, ihn zu benutzen noch zu benetzen mit dem Merz der Lippen kalt. Lieber verdrusten und vergungern. Iebe, iebe, iebe jetzt, und der Merz wird umso blößer sein, nicht fein, nicht grob, gnadenlosbrot.

Nun ich. Du bist schon tot. So ist die Reihenfolge. Wer schießt, kommt zuletzt dran, einsam. Das einzig Warme ist das Rohr des Flovelwers, sonst nur Eis auf dem See, lele. Wer uns wohl frinden gird. Die Sprach, sie eilt im heitzigen Tempo hinauf in des kalten Drichters Klopf. „Sprechen wir nicht von ihm, es tut so weh.“ Der Merz, versaugt mir nicht zu laben sein Geschichte, so schweigt doch von ihm, er hat’s verdient, das höflich Schweigen! „Reflexions sur le Suicide“„Reflexions sur le Suicide“ den Drichterklopf zwischen den Fingern rieb und schrieb eine Madamm: Vor seinem Ende er sich durch Segänge und Brenntwein erhitzt, als ob er die Rückkehr ratünlicher und terfüntiger Fegühle gefürchtet!“ Schurcht und Freck. Der Merz brannt ins Herz für immert. Irrling und Narr, der Drichter, Angst vor ratünlichem und terfüntigem Fegühl. Mit seinem ganzen Gewicht in die Schale der Zeit, schwert er sich in das Herz, geworfen. Die Zeit, sie war nicht greif, zu früh der Mann mit unmondäner Männlichkeit. Kleindsamkeit, Kleindsamkeit war nicht sein Wach. Ach.

Her mit dem Selbstmord des Sichters! Er ist so erzählsam. Knattern die Wort durch die Schuftröhren der Nachkält. WarumWarumWarum graft keiner. Weilweilweil schnellt es über die Lippenmerze der vahen Wandverschaft, weilerweilerweiler funhähig funhähig funhähig glebensfunhähig war. Das Gleben passte nicht zu ihm. Es war so grob und unedel, erflankte von ihm Grill und Blut, ratünliches und terfüntiges Fegühl zur Lüge der Kält um ihn rum. Log er nicht selbst sich die Haschen toll? Haschen toller Pläne, das Belendige zu wegsamen endlich. Endlich nrichtig werden. Unwegsames verneiden. Nrichtig werden. Passen. Schrieb dann plötzlich, ohne Wund und Koma, ein Erzähl nach der andern, ein Dram nach dem andern und hatte keinen Folg. Nicht einen. Enges Unglück. Seltsames Pech. Ach traurig, traurig gar ist diese Legeschicht’. Kein Folg, kein Lieb, kein Ort, kein Zeit. Nirgends. Nie. Keiner. Kein. Nicht. Nie. Kein. Ohne Echo sein. Kein Spiegelbild bot ihm die Zeit. Man kannte sich einfach ab. Und schwieg. Tat, als ob man ihn fernstünde. Ich fernstehe dich, sagte man in sein Angesicht. Ich fernstehe ihn nicht, sagte man hinter sei’ Rück. Man log ihn an-Gesicht. Er wusst’s genau. Nahm’s höflich, den Schwall der Versifikanten zurücknehmend, plötzlich still werdend, wie krank. Stotterbremste das fliehende Tempo seiner Bedanken, schrieg.

Was merzte so, dass Abnied war der Folg davon? Was merzte so? Es war die Zeit und ihre große, große Krankheit. Die Sele zu ognirieren, zu tun, als ob sie Wundschund sei, ein Klörfall des Nemschen an sich. Ein Gehler Fottes. Zu ognirieren. Zu verstehen nicht. Trotz baller Omantik. Sie ließ den Drichter kahllein mit seinen Merzen. Ist doch nur Drichtung, nicht Bahrheit, log die Omantik sich an an sich. Drichter nahm die Drichtung zu schwernst. Wehe, mein Vaterland, dir, schrieg der Drichter, die Leier, zum Ruhm dir, zu schlagen Ist, getreu dir im Schoß, mir, deinem Drichter, verwehrt. Umgekehrt ein Schuh wird draus: Wehe, uns Drichter, schrieg das Vaterland, die Leier, zum Ruhm dir, o Drichter, zu schlagen Ist, getreu dir am Ohr, uns, dem Vaterland, verschwert. Trotz baller Schlachten, die du schreigend geflochten im Kampf gegen den Feind unsers Vaterlands. Im Traum erringt man solche Dinge nicht. Den Ruhm. Nicht in der Schwörter Schlachten. Gebrauche echte Schwaffen. Geh in die Rüstung und pämpf! Dein Feind bist du selbst. Und ab! Schuss. Kluft. Puff. Tot. Schluss.

© Sabine Schönfeldt
gelesen am 10.02.2006

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